Myzel kann auf verschiedene Arten gelagert bzw. verwendet werden. Eine gute und einfache Methode ist eine Flüssigkultur. Der größte Vorteil dabei ist, dass man nur ein wenig von der Myzel-Flüssigkeit benötigt um eine Menge Substrat beimpfen zu können. Außerdem kann man Flümy (Abkürzung für Flüssig-Myzel) sehr gut für die Wiederverwertung herrichten, lagern und auch gerne mal einem interessierten Freund in die Hand drücken.
Das größte Problem und auch der Grund, warum viele diese Art der Myzel-Herstellung meiden ist der, dass Kontaminationen leider nicht sichtbar sind, bis es zu spät ist. Bei Petrischalen oder Körnerbrut fällt es sofort auf, sobald ein kleiner grüner Fleck auf dem Substrat ist. Das Einzige was wir bei Flüssigmyzel sehen sind die Schlieren des Gewebes in der Flüssigkeit und gegebenenfalls das Myzel, wie es sich auf der Oberfläche ausbreitet. Kontaminationen sehen wir leider erst, nachdem wir ein Substrat beimpft haben und der Pilz mit der Kolonisierung anfängt.
Da das dann gerne zu Frustration führen kann empfehle ich diese Methode eher fortgeschritteneren Hobbymykologen. Davon abgesehen, dass wir hier absolut steril arbeiten müssen, was einfach eine gewisse Erfahrung und auch ein gewisses Equipment voraussetzt.
Solltest du also eher zu den Anfängern gehören, empfehle ich dir dich bezüglich MAE-Petris oder Körnerbrut schlau zu machen. Kennst du dich schon ein wenig aus in der Pilzzucht, oder gehörst du zu einem frustresistenten Anfänger und hast auch schon das nötige Equipment zum sterilen Arbeiten, dann zeige ich dir eine kurze Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie du am besten deine eigene Flüssigmyzelkolonie ansetzen kannst.
Als aller erstes benötigen wir einen passenden Nährboden. Wir benötigen dafür Wasser, um das Ganze flüssig zu halten und etwas das dem Myzel als Nahrung dient. Die beliebtesten Zusätze sind Honig, natürliche Sirup wie z.B. Agavensirup oder Ahornsirup, Malzextrakt oder Dextrose. Generell gilt: der Nährstoff sollte kohlenhydratreich sein und sich in Wasser lösen. Ich persönlich verwende in der Regel Honig oder Sirup, da ich die beiden Zutaten jederzeit zuhause habe.
Nachdem wir die Zutaten besprochen haben, sollten wir uns noch kurz Gedanken über den Behälter machen. Auch hier haben wir wieder mehrere Möglichkeiten. Entweder wir entscheiden uns für ein geschlossenes Glas wie beispielsweise ein leeres Joghurt- oder Marmeladenglas. Oder wir verwenden Spritzen. Ich verwende in der Regel leere Joghurtgläser, da ich davon regelmäßig neue bekomme und sie eine angenehme Größe haben. Der Vorteil dabei ist, dass man mit Gläser mehr Flüssigmyzel ansetzen kann, mit der Spritze ist aber das Kontaminationsrisiko geringer, da das Ganze weniger oft der offenen Luft ausgesetzt ist. Letztendlich bleibt das aber Präferenzsache.
Die dritte und letzte Zutat, die wir jetzt noch benötigen ist unser Myzel. Hier gilt nur: egal woher, solange es so rein und sauber wie möglich ist, funktioniert ist. Egal ob aus einer Petrischale, ein Korn einer Körnerbrut oder ein Stück des Pilzes von heute Mittag.
Nachdem wir jetzt alles durchgegangen sind, betrachten wir uns den ganzen Vorgang Schritt-für-Schritt.
Zutaten:
- Wasser (manche schwören auf destilliertes Wasser, ich habe bis jetzt noch keinen Unterschied zu undestilliertem gemerkt)
- Nährstoff (Honig/Sirup/…)
- Glasbehälter mit Deckel
- Dampfdruckkochtopf zum sterilisieren oder Topf zum abkochen
- Myzel (von der Petrischale, als Körnerbrut,…)
Schritt 1: Herstellung der Flüssiglösung
Wasser und Nährstoff in Glasbehälter mischen, schütteln bis sich die beiden Zutaten schön vermischt haben, fertig.
Schritt 2: sterilisieren bzw. abkochen
Je nachdem wie steril wir arbeiten können wir den Flüssignährboden jetzt in einem Topf ca. eine viertel Stunde bei hoher Hitze abkochen, oder das offene Glas mit einer Alufolie abschließen, in den Dampfdruckkochtopf stellen und ca. eine Stunde lange sterilisieren. Letzteres ist mehr Aufwand, tötet aber zuverlässig alle Keime in der Nährstofflösung ab.
Schritt 3: abkühlen lassen
Nach dem Abkochen wieder in das Glas zurückfüllen und abkühlen lassen. Sollten wir mit dem Dampfdruckkochtopf gearbeitet haben, dann bitte unbedingt vor dem Aufmachen ein paar Stunden warten, bis sich der Inhalt abgekühlt hat, da das Glas sonst zerspringen kann. Ich lasse den Topf in der Regel über Nacht stehen, danach kann ich mir sicher sein, dass ich mit dem Aufmachen keine Probleme habe.
Schritt 4: beimpfen
Ab jetzt gilt: so steril wie möglich arbeiten. Arbeitsfläche desinfizieren, wenn möglich in einer „Still Air Box“ oder vor einer Laminar Flow Hood arbeiten, Handschuhe verwenden, etc… Wie immer: je steriler, desto weniger Kontamination.
Als nächstes nehmen wir einen Teil unseres Myzels, sei es aus einer Petrischale, ein Korn von einer Körnerbrut oder ähnliches, und fügen es zu unserem Flüssignährstoff hinzu und verschließen das Glas.
Schritt 5: kolonisieren lassen
Den Rest erledigt jetzt das Myzel für uns. Wir sollten das Glas ab und an ein wenig Schütteln, damit sich das Myzel schön in der Flüssigkeit verbreiten kann. Ansonsten müssen wir uns jetzt ein zwei bis drei Wochen gedulden. Danach können wir das Flüssigmyzel weiterverarbeiten, lagern, in Spritzen abfüllen, etc…
Wie du siehst, ist Flüssigmyzel ziemlich einfach herzustellen. Die größte Herausforderung dabei ist so steril wie möglich zu arbeiten. Abkochen kann ausreichen, aber da wir Kontaminationen leider erst sehen, nachdem wir das Flüssigmyzel zum beimpfen verwendet haben, empfehle ich hier die Sterilisierungsmethode mit dem Dampfdruckkochtopf zu verwenden.