Jeder, der tiefer in das Pilzzuchthobby einsteigen möchte wird über kurz oder lang nicht um die Zucht auf Petrischalen umher kommen.

Die Nachteile der Petrischalen-Zucht sind gleich aufgezählt:

  1. Es ist ein weiterer, optionaler Arbeitsschritt. Das bedeutet, dass es länger bis zur Ernte dauert und dass wir mehr Zeit in den ganzen Prozess stecken müssen.
  2. Es sind ein paar zusätzliche Materialien, die wir anschaffen müssen.

Die Vorteile sind ein paar mehr:

  1. Unreinheiten oder Kontamination sind sofort und deutlich erkennbar, was dabei hilft das Myzel so sauber und rein wie möglich zu halten.
  2. Auf den Petrischalen lässt sich meistens schon erkennen, wie schön das Myzel später das Substrat kolonisieren und wie die zukünftige Ernte vermutlich aussehen wird.
  3. Die Petrischalen können, einmal hergerichtet, Monate aufgehoben und verwendet werden
  4. Myzel auf Petrischalen lässt sich leicht monatelang im Kühlschrank aufbewahren
  5. Es lässt sich auf Petrischalen wunderschön experimentieren: wir wollen eine Kolonie von einem Sporenabdruck ansetzen? Kein Problem! Wir wollen eine Kolonie aus einem Teil des Pilzes vom gestrigen Mittagessen ansetzen? Geht klar! Wir wollen überprüfen wie gesund ein Myzel aus einer alten Flüssigmyzelspritze ist? Einen Tropfen in die Petrischale und los geht’s!
  6. Es macht einfach mega viel Spass dem Myzel beim Wachsen auf der Petrischale zuzuschauen
  7. Man fühlt sich ein bisschen wie ein Wissenschaftler

Doch wie funktioniert das Ganze eigentlich genau? Wie wir die Petrischalen herrichten und sie dann am besten Ansetzen sehen wir uns in folgender Schritt für Schritt Anleitung genauer an.

Bevor wir loslegen müssen wir uns erst kurz über die notwendigen Zutaten und Behälter Gedanken machen. Gleich vorab: es kann sein, dass wir das ein oder andere im Internet bestellen müssen, weil wir es im Supermarkt leider nicht finden werden. Das ist aber in der heutigen Zeit dank Dienstleistern wie Amazon ja kein Problem mehr. Heute bestellt, -im Optimalfall- morgen schon geliefert.

Zum Herrichten der Petrischalen müssen wir uns für einen Nährboden entscheiden, auf dem sich das Myzel später so gut wie möglich ausbreiten kann. Es gibt dafür viele Ansätze, ich persönlich habe jedoch bis jetzt nur mit Malz-Agar gearbeitet und kann deswegen auch nur das empfehlen. Über andere Ansätze wie z.B. Kartoffel-Stärke-Agar oder Hundefutter-Agar (ja, das gibt es wirklich und es soll tatsächlich ziemlich gut funktionieren) kann ich so weit noch nicht viel berichten. Sollte ich einmal dafür Zeit finden, werde ich aber beides mal ausprobieren und den Artikel hier anpassen.

Das bedeutet wir benötigen als Zutaten für einen Liter Wasser:

  • 20g Agar-Agar (bitte aufpassen: im Backregal gibt es auch Agartine, Agartine ist aber nicht gleich Agar-Agar, sondern meistens eine „verdünnte“ Form!)
  • 20g Malzextrakt (ich benutze Gerstenmalz, im Grunde ist es aber egal)
  • 2g Hefe

Agar (oder auch vegetarische Gelatine) benötigen wir, um den Nährboden hart zu bekommen. Das Malzextrakt und die Hefe dienen als Nahrung für unser Myzel.

Diese Ein-Liter-Menge reicht für ca. 35 Petrischalen aus.

Beim Herstellen der Petrischalen müssen wir uns jetzt zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden. Möglichkeit Nummer eins ist die unsterile Variante und Möglichkeit Nummer zwei ist die sterile Variante. Ich hatte mit beiden Erfolg, muss aber gestehen, dass es bei der letzten Variante zu weniger Kontamination kommt. Da Petrischalen aber leicht herzustellen und zu säubern (ja, die können wir jederzeit recyclen) sind, spare ich mir meistens den Aufwand und entscheide mich für die unsterile Variante. Dennoch möchte ich kurz beide ansprechen.

Variante 1:

Schritt 1: Wasser kochen

Damit wir so wenig Kontamination in unsere Petrischalen bekommen und so viele Keime wie möglich im Voraus abtöten, erhitzen wir das Wasser, bis es kocht.

Schritt 2: Zutaten zugeben

Nachdem das Wasser am Kochen ist, wiegen wir die Zutaten ab und fügen sie hinzu. Das ganze Gemisch halten wir jetzt noch ein paar Minuten am Kochen, damit auch hier wieder so viele ungewünschte Petrischalenbewohner wie möglich übrigbleiben.

Schritt 3: Abfüllen

Erfahrungsgemäß sind Petrischalen sehr hitzebeständig. Dementsprechend ist es kein Problem die heiße Flüssigkeit abzufüllen. Bitte beim Arbeiten mit der Petrischale aufpassen: die Arbeitsfläche so sauber wie möglich halten, am besten nicht das Innere der Schale mit ungewaschenen Händen berühren und die Schale sofort nach dem Befüllen wieder schließen.

Schritt 4: Abkühlen lassen

Jetzt müssen wir nur noch den Nährboden abkühlen lassen. Während dem Abkühlen wird sich Kondenswasser im inneren der Petrischale sammeln. Das können wir später beim Beimpfen kurz abwischen, oder alternativ so lassen wie es ist. Der Nachteil dabei ist aber, dass sich dadurch Kontaminationen ansammeln könnten und auch, dass wir nicht gut in die Petrischale reinsehen können, weswegen ich es abwischen würde.

Schritt 5: Abwarten

Nachdem unsere Petrischalen hergerichtet und kalt sind würde ich vor allem bei der unsterilen Methode ein paar Tage warten, um zu sehen, ob sich Kontaminationen in die Petrischale geschlichen haben.

Variante 2:

Schritt 1: Zutaten zusammenmischen

Da wir den flüssigen Nährboden später sterilisieren können wir uns den Schritt mit dem Abkochen sparen. Deswegen genügt es einfach alle Zutaten zusammen zu mixen. Das Gemisch füllen wir dann in eine hitzebeständige Flasche oder ähnliches.

Schritt 2: Sterilisieren

Diese Flasche lassen wir offen und umwickeln die Öffnung mit Alufolie. Die verhindert, dass beim Aufmachen des Deckels später ungewünschte Flüssigkeit in die Flasche kommt. Außerdem ist sie hitzebeständig. Das Ganze geben wir jetzt in einen Dampfdruckkochtopf und kochen die Flasche mitsamt Nährboden für eineinhalb Stunden ab.

Schritt 3: Nährboden ausreichend kühlen lassen

Den geschlossenen(!) Dampfdruckkochtopf stellen wir jetzt für ein paar Stunden zur Seite. Aufpassen: öffnen wir den Topf sofort nach dem Abkochen, kann die Glasflasche darin zerspringen, deswegen immer vorher abkühlen lassen. Aber auch nicht zu lange, denn der Nährboden darf nicht zu fest werden.

Schritt 4: Umfüllen

Hier gehen wir genau so wie in der anderen Variante vor: die Petrischalen mit dem noch flüssigen Nährboden befüllen und zur Seite stellen. Aber: wir haben das Ganze gerade frisch sterilisiert. Das bedeutet der Nährboden ist absolut keimfrei! Deswegen müssen wir jetzt unbedingt aufpassen, dass wir so wenig Kontamination wie möglich durch das Umfüllen in die Petrischalen bekommen. Das bedeutet: auf einer sauberen (wenn möglich sterilen) Oberfläche unter so sterilen Bedingungen wie möglich arbeiten.

Schritt 5: Abkühlen lassen

Auch dieser Schritt ist wie bei Variante 1. Der Nährboden muss jetzt fest werden und das kann ein paar Stunden dauern.

Schritt 6: Abwarten

Ich warte auch bei dieser Variante gerne noch zwei bis drei Tage, um zu sehen, ob alles keimfrei funktioniert hat. In der Regel sollten durch das abkochen keine Kontaminationen in der Petrischale sein. Tritt doch Schimmel oder ähnliches auf, liegt das daran, dass wir nicht sauber genug gearbeitet haben. Aber auch hier gilt: Petrischalen sind schnell und leicht gemacht, also alles kein Problem!

Nachdem wir die kontaminierten Petrischalen aussortiert haben, können wir die übrigen, sauberen jederzeit beimpfen. Ab jetzt ist der Kreativität keine Grenzen mehr gesetzt: Körnerbrut, Sporen, Pilzreste, etc… Viel Spass!