Schön langsam ist es wieder so weit. Der Frost verschwindet, die Maiglöckchen wachsen, die Bäume Knospen und sammeln Blätter, die Tage werden länger und wärmer. Der Frühling kommt. Wir freuen uns wieder mehr nach draußen zu kommen und die wohligen Sonnenstrahlen machen es für uns auch einfacher wieder mehr an die frische Luft zu gehen. Genau das richtige Timing um uns ein wenig um den Garten zu kümmern. Genau das richtige Timing, um unser Pilzbeet anzusetzen oder Baumstämme herzurichten.
Das Pilzzüchten auf Stämmen ist eine beliebte Art Pilze zu kultivieren, die mehrere tausend Jahre zurück geht. Kommerziell wird sie kaum angewendet, da die benötigte Zeit und Fläche verglichen mit dem Ertrag diese Anbaumethode oftmals unprofitabel macht. Das kann uns Hobbyzüchtern aber egal sein. Uns betreffen nur die ganzen Vorteile wie z.B. eine konstante Ernte.
Die Pilzzucht auf Stämmen ist sehr leicht umzusetzen und auch für jeden Anfänger geeignet, da man dabei nicht viel falsch machen kann. Der einzige, große Nachteil ist -wie beim Pilzbeet-, dass man einen Garten benötigt. Am besten wäre ein größerer Garten mit ein paar Bäumen, die ausreichend Schatten spenden. Wobei man auch mit Plane arbeiten kann. Schöner für das Auge wären aber die Bäume. Außerdem benötigen unsere Stämme ein wenig Platz. Deswegen sind auch typische Stadtgärten, wie man sie in Reihenhäusern in Großstädten sieht, eher weniger gut dafür geeignet. Das bedeutet aber nicht, dass es nicht funktioniert! Mit ein wenig Fantasie und Trickserei ist alles möglich.
Doch betrachten wir uns mal genauer, für wen diese Methode geeignet ist.
Pilzzucht auf Stämmen, warum?
Es gibt mehrere gute Gründe, warum der Anbau auf Baumstämmen vor allem bei Hobbyzüchter und Wochenmarktverkäufer sehr beliebt ist, denn die Pilzzucht auf Stämmen:
- Erlaubt uns andere Sorten anzubauen
- Bringt über das Jahr hinweg mehrfach Ertrag
- Bringt über mehrere Jahre hinweg Ertrag
- Ist leicht umzusetzen
- Ist wenig Aufwand
- Ist billig
- Ist, wenn richtig umgesetzt, ein richtiger Hingucker im Garten
Selbstverständlich gibt es aber auch Gründe dagegen. Dazu gehören vor allem:
- Die Voraussetzung einen Garten zu haben (wobei aber, wenn richtig geplant, sogar ein kleiner Garten genügen kann)
- Der benötigte Platz (welcher sich aber, wenn richtig umgesetzt, in Grenzen hält)
- Der nicht so schöne Anblick, wenn die Stämme mit Folie zugedeckt werden müssen, weil keine Bäume vorhanden sind
Ob der Anbau auf Stämmen für dich geeignet ist, musst du selbst entscheiden. Eine andere Outdoor-Alternative wäre auch das vorher genannte Pilzbeet. Auch viele Indoor-Anbaumethoden lassen sich Outdoor umsetzen, wenn auch ein wenig Trickserei notwendig ist. Doch bleiben wir beim Thema. Nachdem wir uns angeschaut haben, welche Vor- und Nachteile die Pilzzucht auf Baumstämmen hat, betrachten wir einmal die groben Eckdaten.
Holz, wie, wo, was?
Die erste Frage, die wir uns stellen sollten, ist, welches Holz verwenden wir. Das kommt ganz auf unseren Pilz an. Die meisten Pilze wachsen auf Hartholz, mit ein paar Ausnahmen wie dem Honigköpfchen.
In der Regel ist es egal, welche Hartholzart für welchen „Hartholz-Pilz“ verwendet wird. Es gibt ein paar Arten, auf denen manche Pilze besser wachsen, der Unterschied ist aber meistens gering. Das sind z.B. Eiche oder roter Ahorn für Shiitake und Hänge-Birke für Austernseitlinge. Generell empfehle ich das zu verwenden, was am leichtesten zu beschaffen ist.
Allgemeine Hartholzarten, welche sich gut für die Pilzzucht eignen sind: Erle, Birke, Eiche, Ahorn, Buche und Espe für „Hartholz-Pilze“ und Balsam-Tanne, Pappel und Weide für „Weichholz-Pilze“.
Auf was wir auch noch achten müssen ist die Gesundheit des Baumes, von dem die Stämme stammen. Es ist absolut essenziell, dass das Holz in einem guten Zustand ist. Das bedeutet keine Verwesung/Fäulnis und keine Anzeichen von jeglichem Befall. Ansonsten gehen wir das Risiko ein, dass bereits Sporen oder Myzel einer anderen Pilzart mit der Kolonisierung des Holzes begonnen haben könnte.
Der beste Zeitpunkt, um Holz zu besorgen ist im Herbst oder Winter, da die Bäume zu dieser Zeit „ruhen“, wodurch die Rinde für Fremdorganismen schwerer zu durchdringen ist.
Was den Durchmesser des Stammes angeht gilt die Faustregel: je dicker der Stamm, desto länger benötigt das Myzel, um ihn zu kolonisieren und desto länger dauert es, bis die ersten Pilze wachsen. Dafür beinhalten dickere Stämme mehr Nährstoffe und bringen somit länger und mehr Ertrag als dünnere Stämme.
Zu guter Letzt sollten wir auch noch mit einkalkulieren, dass die Baumstämme auch an den gewünschten Ort verfrachtet werden müssen. Das vergessen tatsächlich die meisten. Viel Spass beim Schleppen eines 40kg Stammes.
Womit wir auch schon beim optimalen Lagerort sind. Der sollte folgenden Punkten erfüllen:
- Schattig
- Feucht
- Warm
Am besten geeignet ist der Schatten von großen Bäumen oder eines Gebäudes/Schuppens. Solange keine direkte Sonneneinstrahlung herrscht, bleibt es um den Baumstamm oder an der Gebäude-/Schuppenwand meist schattig und feucht. Optimal wäre es auch noch, wenn eine Wasserquelle in der Nähe ist, weil wir die beimpften Stämme ab und an bewässern müssen.
Nachdem wir uns jetzt um das Thema Holz und Lagerort gekümmert haben, bleibt noch eine Frage, bevor wir loslegen können: welche Pilzart ist für uns am besten geeignet?
Die besten Pilzarten für den Anbau auf Stämmen
Wie bereits erwähnt hängt die Wahl der Pilzart von der Wahl des Holzes ab, bzw. andersherum. Da die meisten Pilze primär und teilweise ausschließlich auf Hartholz wachsen, betrachten wir anschließend die drei größten und bekanntesten Hartholzvertreter: den Shiitake, den Austernseitling und den Igelstachelbart.
Der Shiitake ist der am zweit meist angebauten und konsumierten Pilz der Welt. Da er vor allem in der asiatischen Küche verwendet wird, gilt er in Europa als exot. Er hat einen milden, würzigen Geschmack und gilt auch als Vitalpilz, welcher Immunsystemstimulierend wirkt, Blutdruck senkt und sogar Krebs vorbeugen soll (wurde bis jetzt nur in Tieren bewiesen, Nachweise bei Menschen sind noch nicht vorhanden). Der Nachteil beider Shiitakekultivierung ist jedoch: der Wachstumszyklus dauert länger als bei den meisten anderen Pilzen. Das bedeutet von der Beimpfung der Baumstämme bis zum Ernten dauert es ein Jahr oder länger. Deswegen gibt es auch noch eine andere, beliebte, schnelle Alternative.
Der Austernseitling. Er gilt als einer der größten Überlebenskünstler unter den Speisepilzen. Diesen Ruf verdient er seiner Fähigkeit auf einem breiten Spektrum an Substrat erfolgreich zu wachsen und sehr resistent gegen äußere Einflüsse zu sein. Ich habe z.B. einmal ein beimpftes Glas mit Körner im Oktober im Garten vergessen. Im März habe ich es wieder gefunden. Von Myzel überwachsen. Anschließend habe ich die Körnerbrut erfolgreich weiterverarbeitet und kurz darauf große, gesunde Austernseitlinge geerntet. Ein weiterer Vorteil dieser Pilzart ist auch der kurze Wachstumszyklus. Stämme, welche im Frühling beimpft werden, bringen in der Regel im Herbst desselben Jahres bereits die ersten Pilze ein.
Zu guter Letzt betrachten wir uns noch einen echten Hingucker unter den Speisepilzen: den Igelstachelbart. Sein Aussehen ist einmalig und er hat einen angenehmen, nach Meeresfrüchten erinnernden -die meisten Leute vergleichen es mit Hummer- Geschmack. Außerdem ist er einer der bekanntesten und beliebtesten medizinischen Pilze. Der Nachteil ist aber auch hier wieder, dass es von der Beimpfung des Baumstammes bis zur Ernte der ersten Fruchtkörper ein Jahr oder länger dauert.
Selbstverständlich sind das nur drei Beispiele für beliebte Pilze, welche gerne auf Stämmen gezüchtet werden. Weitere Pilze, die sich dafür eignen sind z.B. der Maitake, der Nameko oder der Pioppino.
Nachdem wir jetzt alle wichtigen Punkte, über die wir uns im Voraus Gedanken machen sollten, durchgegangen sind, kommen wir zum spaßigen Teil: die Stämme beimpfen.
Pilzanbau auf Stämmen: Schritt für Schritt
Als erstes sollten wir uns unser Werkzeug zurechtlegen. Dafür benötigen wir:
- Einen Bohrer zum bohren der Löcher für die Impfdübel
- Impfdübel mit dem Myzel des Pilzes unserer Wahl
- Die Baumstämme
- Wachs zum Versiegeln der Impfdübel
Wunderbar, nachdem wir jetzt alles bereit haben, können wir loslegen.
- Überlegen, wie viele Dübel wir benötigen
Pro Loch verwenden wir einen Dübel. Die Anzahl an gebohrten Löchern können wir grob nach folgender Formel berechnen:
Anzahl der Löcher = Länge des Stammes in cm * Durchmesser in cm / 50
- Löcher bohren
Bei diesem Schritt sollten wir beachten, dass die Löcher in einer Reihe im Abstand von ca. 10-15 cm angeordnet sind. Am Anfang und am Ende des Stammes sollten ca. 5 cm Abstand sein. Die Löcherreihen sollten ca. 5 cm zueinander Abstand haben und versetzt sein.
Wichtig ist dabei, dass die Löcher ca. 1 cm tiefer sind, als die Impfdübel lang sind, damit das Myzel ein wenig Freiraum zum Wachsen hat.
- Impfdübel einhämmern
Dieser Punkt sollte selbsterklärend sein: Impfdübel in die Löcher einsetzen und mit einem Hammer mit Gefühl einhämmern. Die Dübel sollten anschließend ein bisschen tiefer als das Holz sitzen, damit wir das Loch mit dem Wachs versiegeln können.
- Löcher versiegeln
Jetzt ist es an der Zeit unser Wachs zu verwenden. Damit versiegeln wir die Löcher mit den Impfdübeln, um das Myzel vor Schädlingen oder ähnlichem zu schützen. Außerdem halten wir dadurch die Feuchtigkeit drinnen und wir verhindern eine Kontamination. Dadurch kann es ungestört und in Ruhe den Baumstamm kolonisieren. Dieser Schritt ist absolut essenziell, also bitte nicht überspringen!
Der Vorgang ist simpel: das Wachs zum Schmelzen bringen, auf die Löcher auftragen, sodass sie luftdicht versiegelt sind und anschließend trocknen lassen. Fertig.
- Lagerung der Stämme
Nachdem wir mit dem Beimpfen fertig sind, müssen wir nur noch unsere Stämme an den von uns vorgesehen Ort schleppen. Da hilft es uns, wenn wir die Beimpfung so nahe wie möglich am zukünftigen Lagerort durchgeführt haben. Wenn nicht, dann hilft’s nichts, dann schadet uns das Krafttraining sicherlich auch nicht.
Die beliebteste Art das Holz zu lagern sind entweder anlehnend an einen Baum oder eine Mauer/Wand, oder die Aufschichtung zu einem Turm nach dem Muster zwei Stämme horizontal, zwei vertikal darüber. Anschließend abwechselnd horizontal und vertikal, sodass sich ein Turm ergibt, welcher in der Mitte ein Loch hat.
Sollten die Stämme nicht genügend Schatten haben, sollten sie mit Folie oder ähnlichem abgedeckt werden, um sie vor direkter Sonneneinstrahlung und Austrocknung zu schützen.
- Bewässerung
Zu guter Letzt müssen wir uns noch darum kümmern, dass unsere Holzstämme feucht bleiben. Dazu sollten wir, vor allem in der regenfreien Zeit, die Stämme ein bis zwei Mal wöchentlich für ein paar Minuten mit Wasser abspritzen, um die Feuchtigkeit zu erhalten. Das verhindert, dass unser Myzel austrocknet und abstirbt.
- Ernte
Das wars. Ab jetzt heißt es warten, bis die Pilze wachsen. Herzlichen Glückwunsch, die aufwändigste Arbeit ist erledigt. Was jetzt noch folgt ist der Ertrag unserer zuvor geleisteten Arbeit. Auch wenn der Ertrag ein bisschen auf sich warten lässt. Okay, für manche ist das Warten nerviger als das Herrichten der Stämme. Ich habe dich gewarnt, dass es beim Pilzanbau auf Holzstämmen lange bis zur ersten Ernte dauert!!!